Über das Schloss

Chronik


Vom Rittergut zum Kunstschloss:

"Wrodow in Mecklenburg"
Eine Chronik von Frank Bauer

Von den Anfängen bis 1271

Mit der Völkerwanderung geben die Germanen ihre Siedlungsgebiete östlich der Elbe auf; bis zum Jahre 500 n. Chr. Wandern slawische Stämme ein, die - ähnlich wie die Germanen - in Dörfern zusammenleben. Die Obotriten im Westen und die Wilzen im Osten des heutigen Mecklenburgs befassen sich seit langem mit dem Ackerbau. Slawische Wenden gründen auf einem Werder das kleine Ackerbauerndorf Wrodow. Genau datieren können wir die Gründung nicht, weil uns aus wendischer Zeit keine Urkunden zur Verfügung stehen. Da Wrodow aber einerseits schon im 13. Jahrhundert eine ausgeprägte Mühlenkultur hatte,andererseits der Wanderungsprozess der Slawen seit Jahrhunderten abgeschlossen war, dürfen wir vermuten, dass Wrodow als Dorf bereits um das Jahr 900 existierte. Für diese - allerdings nicht abgesicherte – These spricht, dass das Dorf zwischen drei Seen und an sumpfigem Gelände gut zu verteidigen ist. Die wendischen Bauern lassen sich auf einer Halbinsel nieder, weil sie kriegerische Auseinandersetzungen befürchten müssen. Von der Mitte des 9. Jahrhunderts an dringen nämlich germanische Stämme immer wieder in das Gebiet östlich der Elbe ein, nachdem sich der Traum Karls der Großen, das Reich über die Alpen nach Süden hin zu erweitern, nicht erfüllt hatte. Seit dieser Zeit müssen die Wenden sich ständig kriegerischer Überfälle insbesondere der Sachsen und Franken erwehren. Man ist also gut beraten, ein Dorf an geschützter Stelle zu gründen.Mitte des 12. Jahrhunderts erobert der Sachsenherzog Heinrich der Löwe Mecklenburg in äußerst blutigen Kämpfen. 1160 wird der kraftvolle Obotritenfürst Niclot getötet; sein Sohn Pribislaw unterwirft sich Heinrich dem Löwen als Vasall und erhält im Gegenzug den größten Teil des Landes als Lehen. Die slawische Bevölkerung wird an vielen Orten vertrieben. Mit der Christianisierung des Landes werden zahlreiche Zisterzienser-Klöster gegründet, darunter das Nonnenkloster Ivenack.

Am 29. Mai 1271 schenkt der Herzog Barnim I. vor einer Versammlung von Adeligen, Soldaten, Klerikern und Laien in Demmin das Dorf Wrodow mit allen stehenden und noch zu bauenden Mühlen, den Gewässern, Teichen, Fischgründen, Quellen, Wiesen, Weiden, Wäldern und Äckern dem Kloster Ivenack. In dieser ersten urkundlichen Erwähnung des Dorfes bringt der Herzog zum Ausdruck, die Schenkung solle der Verbreitung des Glaubens und der Verbesserung des Zustandes der Kirche dienen. Auch sein eigenes Seelenheil hat der Herzog im Auge.

1280 bis 1656

Am 25. April 1280 bekräftigt Herzog Bogislaw mit Zustimmung seiner Brüder Barnim und Otto dem Kloster Ivenack die Besitzrechte an verschiedenen Dörfern, neben Wrodow sind das Ivenack, Zolkendorf, Fahrenholz, Grischow, Wackerow, Klockow und Glendelin. Drei Jahre später bestätigt Hermann, Bischof von Camin, dem Kloster Ivenack den Zehnten von 12 Hufen in Wrodow. Daraus können wir folgern, dass Wrodow im Mittelalter der Jurisdiktion der Kamminer Diözese unterstellt ist. Für Schlie steht fest, dass die spätere Zuteilung des Dorfes und seiner Kapelle an die der Havelberger Diözese angehörende Kirche zu Penzlin erst nach der Reformation geschehen sein kann.

Im Jahre 1301 legen die Nonnen von Ivenack ihre Besitzurkunden dem Herzog Otto vor, der dem Kloster unter anderem die Eigentumsrechte an ganz Wrodow und den anliegenden Mühlen garantiert. Als Urkundszeuge in Treptow tritt uns hier im Zusammenhang mit Wrodow zum ersten Mal ein Ritter Molzan entgegen.

Die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts ist von Fehden aller Art, Landfriedensbrüchen und Raubrittertum geprägt. Besonders gefürchtet ist Berend von Maltzahn, der "böse Bernd". Herzog Bugislav setzt dem Treiben Berends schließlich ein Ende. Er zerstört dessen Festung Wolde und jagt den Ritter außer Landes. Berend flüchtet nach Brandenburg. Später kommt es zu einer Versöhnung und Berend lässt sich in Mecklenburg nieder. Er wird im Jahre 1501 von den Herzögen mit der Herrschaft Penzlin belehnt.

Mit der Reformation und der nachfolgenden Säkularisierung der Klöster fällt der Besitz von Ivenack - und damit auch Wrodow - an die mecklenburgischen Herzöge, die die im Penzliner Gebiet gelegenen Klosterdörfer an ihren Vasallen Maltzahn lehnweise weitergeben.

1620 leiht sich Chuno Georg von Maltzahn von seinem Freund und Oheim Valentin Voß zu Luplow 1.860 Gulden. Dafür verpfändet er den Bauernhof des Achim Mollenhagen in Wrodow, die Kossätenhöfe von Marten Ahlschläger, Dreus Mollenhagen und Peter Vicken in Wrodow sowie den Schulzenhof von Achim Burmeister in Lapitz. Das Darlehen wird mit 6% verzinst.Die in der Schulurkunde erwähnten mecklenburgischen Herzöge Adolph Friedrich und Hans Albrecht sind eben jene, die Albrecht Wallenstein acht Jahre später aus Mecklenburg vertreibt, als er das Land im Dreißigjährigen Krieg für ein Jahr an sich reißt. Die Vertreibung der Herzöge beschäftigt die europäischen Fürstenhäuser jahrelang.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg kommt Wrodow im Jahre 1656 pfandweise an den Obristen Joachim Engel, der sein Vermögen als führender Militär im Krieg gemacht hat.

um 1890

1656/57

Neben Wrodow bringt der Obrist Engel auch die Güter Groß Helle und Lapitz im Pfandwege an sich. Das Haus Penzlin der Maltzahns, zu deren Herrschaft die Güter gehören, hat zu jener Zeit Moritz von Walsleben inne, ein Schwiegersohn des verstorbenen Behrendt Lütke Maltzahn. Moritz von Walsleben übt nach hergebrachter Gewohnheit weiter die Jagd auf den Feldmarken von Wrodow, Groß Helle und Lapitz aus. Joachim Engel, der neue Pfandbesitzer, bestreitet ihm jedoch das Jagdrecht (jus venandi) und erhebt deswegen am 3. Dezember 1656 Klage vor dem Hof- und Landgericht in Sternberg. Engel stützt seine Klage mit der Behauptung, er habe die Güter mit allem Zubehör (pertinentien), Rechten und Gerechtigkeiten erworben, insbesondere auch das Jagdrecht.

In seiner Klageerwiderungsschrift vom 7. Januar 1657 bestreitet Moritz von Walsleben eine Übertragung des Jagdrechts auf Joachim Engel. Er führt aus, die Dörfer Lapitz unf Wrodow seien seit mehr als hundert Jahren unstreitiges Zubehör der Herrschaft Penzlin gewesen. Mit der Belehnung der Herrschaft Penzlin durch die mecklenburgischen Herzöge hätten die Maltzahns auch das Jagdrecht erworben, was ihnen bisher nie bestritten worden sei. So hätten er selbst und sein Schwiegervater Behrendt Lüdke Maltzahn immer ungehindert jagen können, und zwar rechtmäßig, weil das Jagdrecht stets bei der Herrschaft Penzlin geblieben sei. Was Groß Helle betreffe, so habe sein Schwiegervater dieses Gut den Schniterlowen eingeräumt (wohl pfandweise übertragen). Engel habe das Gut von den Schniterlowen erworben, die seinem Schwiegervater das Jagdrecht nie bestritten hätten. Im übrigen habe er - Walsleben - noch immer mehr Holz am Heller Holze als der Obrist Engel. Und der könne ihm ja wohl nicht verbieten, auf seinem eigenen Holz zu jagen.Schließlich vergleichen sich von Walsleben und Engel vor dem Hof- und Landgericht dergestalt, dass sie das Jagdrecht auf dem Wrodower und Lapitzer Feld gemeinsam ausüben können.

1661

Im Jahre 1661 ordnet der Herzog Gustaf Adolph zur Beförderung des Gottesdienstes, der Erhaltung und "Fortpflanzung" des christlichen Glaubens, der Besserung der Lebenssituation und auch der Kirchendisziplin eine Generalvisitation an. Zu Mitgliedern der Visitationskommission weden für den Penzlinschen Kirchenkreis die Gutsherren Georg von Peccatel zu Weistin und Otto von Dewitz zu Colpin, die Pastoren Friedrich Böckler zu Friedland und Hermann Klumpe zu Strelitz, sowie Erasmus Krause, Bürgermeister zu Neubrandenburg, bestellt. In Wrodow leben zu jener Zeit vier Bauern- und vier Kossätenfamilien, die in Lapitz den Gottesdienst besuchen. Nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges sind die Lebensverhältnisse bescheiden. Die Kinder aus Wrodow, Lapitz und Puchow können nicht unterrichtet werden, weil es weder einen Schulmeister noch einen Küster gibt. Ihre Kapelle allerdings halten die Wrodower gut instand. Die Visitatoren bemerken am 14. März 1661 einen innen frisch geweißten Raum mit neuen Fenstern. Unter dem Rohrdach hängt ein Glöcklein und auf dem Altar finden sich zwei zinnerne Leuchter, ein großer vergoldeter Kelch mit einem Pateen und eine getriebene silberne Kanne. An demselben Sonntag befragen die Visitatoren nach dem Gottesdienst in Lapitz die versammelte Gemeinde aus den Dörfern Wrodow, Lapitz und Puchow, ob der Pastor ein gottgefälliges Leben führe oder etwa geizig oder zanksüchtig sei, sich gar dem Fressen oder Sufen ergebe? Ist er nachlässig in seinem Amt? Verträgt er sich mit seinen Mitbrüdern und der Obrigkeit? Predigt er zur rechten Zeit? - Von Ausschweifungen des Pastors hat die Gemeinde nichts mitbekommen und auch sonst ist man mit ihm zufrieden. Vom Pastor will die Kommission wissen, ob die Zuhörer wider Gottes Wort leben, ob sie die Heiligen Sakramente und den Namen Gottes fluchen, ob sie den Sonntag und andere hohe Festtage heilig halten, ob jemand Zauberei treibe und mit abergläubischen teuflischen Dingen, wie zum Beispiel Planetenlesen, umgehe und dort Rat und Hilfe suche, ob jemand in öffentlicher Sünde wie Ehebruch lebe, ob unter dem Gottesdienst Bier und Branntwein ausgeschenkt und Krämerei betrieben werde, wie es mit Verleumdungen und Afterreden sei, ob es Leute gebe, die dem Prediger nach Auferlegung von Buße in der Beichte drohen, fluchen oder schmähen, ob Eheleute auseinandergelaufen sind oder in Uneinigkeit leben, ob mutwillige Kinder ihre Eltern schlagen oder sie davonjagen, wenn sie alt sind, ob die Kirchhöfe gepflegt und gebessert werden?

Auch der Pastor kann über seine Gemeinde nicht klagen, an den Kirchhöfen allerdings müsste viel verbessert werden. Übrigens stehen dem Pastor aus den Wrodower Erträgen jährlich 14 Scheffel Roggen, 8 Stiegen Eier, 8 Mettwürste und 8 Gänse zu.

Rittergutsbesitzer Louis Neumann mit Frau um 1910

1696

Am 14. Mai 1696 verkauft der Leutnant David Christoph von Engel, ein Sohn des Obristen Joachim Engel, das Gut Wrodow für 4.200 Reichstaler an den Leutnant Johann Friedrich von Manteuffel und seine Frau Liebste Ilsbet Dorothea von Winterfeldt. Der Verkauf ist hier nicht in dem Sinne zu verstehen, dass das Eigentum an dem Gut übertragen wird. Denn das lehnsgebundene Quasieigentum, das auch kein Volleigentum ist, bleibt bei den Maltzahns als den Vasallen der Herzöge. Engel überträgt lediglich sein erbliches Pfandrecht an dem Gut. Nach Ablauf der Pfandzeit können die Maltzahns das Gut jederzeit wieder einlösen (reluieren), indem sie den Pfandschilling an den Pfandbesitzer zahlen. In diesem eingeschränkten Sinne tritt Engel das Gut Wrodow mit allem Zubehör an Manteuffel ab, und anderem auch mit dem Patronatrecht an der Wrodower Kapelle ganz und an der Lapitzer Kirche zur Hälfte.

Der Vertrag von 1696 wird zwanzig Jahre später in einem Rechtsstreit eine erhebliche Rolle spielen, weil darin Engel, der weiter Pfandbesitzer von Groß Helle bleibt, dem Manteuffel wegen der schlechten Bedingungen in Wrodow ein Viehweiderecht auf dem großen Heller Feld bis an den Lukower Weg einräumt. Das Weiderecht soll "unverrückt" beim Gute Wrodow bleiben. Davon will Engels Sohn Lüder später nichts mehr wissen.

1700 bis 1705

Nach der Jahrhundertwende versucht Hans Heinrich von Maltzahn, Wrodow wieder an sich zu bringen. Manteuffel widersetzt sich, wobei es insbesondere Streit über die Höhe der Schulden und des Pfandaschillings gibt. Im Jahre 1703 vergleichen sich Maltzahn und Manteuffel vor einer herzoglichen Kommission, sie sschließen einen Reluitions (Wiedereinlösungs) - Vertrag, durch den Maltzahn wieder in den Besitz von Wrodow kommen soll. Dagegen protestiert der ursprüngliche Pfandbesitzer David Christoph von Engel auf Groß Helle, der Wrodow ebenfalls wieder an sich bringen will. Die Intervention bleibt erfolglos. Hier wird der Keim zu jahrzehntelangen Streitigkeiten zwischen der Familie Engel und den späteren Pfandbesitzern von Wrodow gelegt. Manteuffel und Maltzahn sterben kurz nach dem Reluitionsvergleich. Manteuffel hinterlässt einen so hohen Schuldenberg und "Unrichtigkeiten", dass seine Witwe in arge Bedrängnis gerät. Da springt der alte, hochdekorierte Oberstleutnant zu Roß Hieronymus von Scharffenberg ein, ein Vetter und treuer "Blutsfreund" der Witwe Manteuffel. Er schließt am 13. Dezember 1704 mit dem jungen Baron Leopold Heinrich von Maltzahn einen Pfandvertrag über Wrodow ab, wobei er das Gut der Witwe zur Verfügung stellen will. Hintergrund ist sicherlich die Freundschaft zwischen Frau von Manteuffel und Scharffenbergs Frau, die damals schon auf Wrodow wohnt. Wieder protestiert Engel vergeblich gegen den Vertrag. Schon einige Monate später - noch vor Übergabe des Gutes - stirbt der alte Scharffenberg. Seine Witwe will Wrodow wegen ihres "bekümmerten Zustandes" nicht übernehmen. Wrodow fällt an Maltzahn zurück.

1705 bis 1715

Auf Wrodow lasten erhebliche Schulden. Nach dem Tode Scharffenbergs fällt dessen Pfandschilling aus, so dass Maltzahn noch offene Reluitionsgelder für Wrodow nicht zahlen kann. Außerdem müssen die Löwenklauen und Düringhofenschen Kinder als Erben früherer Kreditgeber befriedigt werden. So nimmt der junge Leopold Heinrich von Maltzahn im Juni und Dezember 1705 drei Darlehen auf, und zwar über 3.000 Gulden von Christian Kambs auf Koppelow und über jeweils 1.000 Reichstaler von dem Bürgermeister Dr. Christian Schulze in Güstrow und dem Syndicus Joachim Nese ebenfalls in Güstrow.

1707 findet Maltzahn wieder einen Pächter für Wrodow. Er überlässt das Gut mit Pfandvertrag vom 4. August 1707 dem Jürgen Stier auf 11 Jahre für 2.500 Reichstaler bar und Übernahme der Schulden gegenüber Kambs, Nese und Dr. Schulze. Das Jagdrecht bleibt ausdrücklich bei Maltzahn.

Jürgen Stier behält das Gut nur einige Jahre, später wird er Verwalter in Möllenhagen. Bis 1715 wird Wrodow nur noch pensionsweise vergeben. Die alten Schulden fallen wieder auf Leopold Heinrich Maltzahn zurück, der früh stirbt. Seine Witwe wird mit der großen Schuldenlast nicht fertig, sie kann die Darlehenszinsen nicht mehr zahlen, worauf die Kapitalia von den Gläubigern gekündigt und die Forderungen gerichtlich eingetrieben werden. Am 28. und 29. Oktober 1715 pfändet der Fürstlich Mecklenburgische Executor Barthold Schnäckel das Gut Wrodow und die neuerbaute Wassermühle vor Penzlin. Die Maltzahnschen Gläubiger belassen das gepfändete Gut zunächstdem damaligen Bewohner von Wrodow, Herrn von Bohle, in Pension. Bohle baut im wesentlichen Roggen an und hält 14 Milchkühe. Daneben zählt der Executor auf den Wrodower Wiesen 200 Schafe.

Gäste um 1925

1716 bis 1751

1716 kauft der kursächsische und königlich-polnische Obrist Matthias von Berner sämtliche Gläubigeranteile auf und bringt sich so in den Pfandbesitz von Wrodow. Lüder von Engel auf Groß Helle verwehrt dem neuen Pfandbesitzer von anfang an den Zugang zur Viehweide auf dem großen Heller Feld bis an den Lukower Weg. Um Fakten zu schaffen, kultiviert Engel nach und nach die strittigen Weideflächen, die er mit Roggen und Gerste besäet und einzäunt. Überdies bringt er Roggen auf ein Viehdriftdamm über dem Morast, den Berner für sein Vieh nutzen muß, so dass den Wrodower Vieh "die Gurgel zugeschnürt" wird. Der Obrist von Berner erhebt 1717 Klage vor dem Hof- und Landgericht zu Güstrow, wobei er sich auf die dem Gute Wrodow im Vertrag Engel/Manteuffel von 1696 verschriebene Weidegerechtigkeit auf dem großen Heller Felde beruft. Engel dagegen behauptet, die Weidegerechtigkeit sei nur der Person Manteuffel überlassen worden. Er beschwert sich, dass Berner das Vieh durch sein Korn treiben lasse und ihm damit großen Schaden zufüge. Als er einmal auf der streitigen Fläche spazieren gegangen sei, habe ihn ein sächsischer Fahnjunker, der in Wrodow wohne, mit dem Degen angegriffen. Der Wrodower Kuh-Hirte sei dem Fahnjunker auch noch zu Hilfe gekommen. Berner wiederum beklagt, dass Engel Wasser zur Unzeit anstaue, ihm damit die Wiese ruiniere und einen gerade erst reparierten Bohlendamm verschwemme. Er - Berner - habe den Bach zwischen dem großen Heller See und dem Geweziner See wieder geöffnet, worauf Engel in einer Nacht- und Nebelaktion mit wohl 50 Mann den Bach auf 50 Ruten Länge mit Bäumen, Steinen und anderen Materialien zugeschüttet habe.Engel dagegen bietet Beweise dafür an, dass die Heller den Bach seit undenklichen Zeiten jedes Jahr im Frühjahr für den Aalfang anstauen und danach wieder aufräumen. Berners Leute hätten den Bach also zu Unrecht wieder geöffnet und anschließend nächtelang im Möllischen Krug auf der Lauer gelegen, um seine - Engels - Leute zu vertreiben. Die Heller Bauern verprügeln mehrfach Wrodower Kuh-Hirten, die das Vieh auf der strittigen Weidefläche hüten. Am 14. Juni 1720 tauchen dort der Obrist von Berner, bewaffnet mit Pistolen auf, drei seiner Leute mit Degen und großen Prügeln begleiten ihn. Sie jagen die hackenden Heller mit wüsten Drohungen davon, wobei Berner zur Unterstreichung seiner Worte auch noch Flinten aus Wrodow holen lässt. Die kleinlichen Schikanen und der Rechtsstreit ziehen sich über Jahre hin.

Nach dem Tode Berners versucht dessen Sohn lange Zeit vergeblich, das Gut loszuschlagen. Erst 1751 findet er einen Käufer.

1751 bis 1785

Als Gotthard von Pickatel das Gut am 20. März 1751 von dem Major Friedrich Wilhelm von Berner für 16.350 Reichstaler pfandweise erwirbt, zählt Wrodow 30 Einwohner. Pickatel übernimmt 80 Stück Rindvieh, 100 Schafe und 50 Schweine, "groß und klein". Noch im selben Jahr wird Pickatel von einer Viehseuche hart getroffen; das meiste Vieh geht zugrunde. Doch Pickatel ist ein tatkräftiger Mann. Er erbaut zwischen 1751 und 1756 ein schönes Herrenhaus, das selbst in ruinösem Zustand noch Bewunderung abgenötigt hat. Daneben errichtet er einen großen Pferdestall, einen Ochsenstall, ein Taubenhaus, mehrere Bauern- und Kossätenhäuser nebst Scheunen und das Schulzenhaus in Lapitz. Sämtliche Materialien muß Pickatel von auswärts heranschaffen. Er erwirbt 1751 auch die Güter Groß Helle und Lapitz; er wohnt jedoch nach Fertigstellung des Herrenhauses im idyllisch gelegenen, seinerzeit noch von drei Seen umgebenen Wrodow.

In seinem neuen Herrenhaus empfängt Gotthard von Pickatel am 4. November 1756 die Direktorial-Vermessungs-Kommission zur Schätzung von Wrodow, nachdem der Landvermesser L. Seemann seines Amtes gewaltet und das Landmessungsregister erstellt hatte. Es geht um die Festsetzung der Landescontribution (Steuern), die rich nach den erwarteten Erträgen richtet. Von herzoglicher Seite werden als Taxatoren der Amtmann Schröder, der Amtsverwalter Borgwedel und der Hauswirt Stoll benannt. Während man sich ritterschaftlicherseits auf den Pensionarius Dugge und die Hauswirte Hänsel und Münster verständigt. Diese sechs Taxatoren bilden drei Gruppen, die jedes der 72 Wrodower Flurstücke unabhängig voneinander auf den Bodenwert schätzen und dann einen Mittelwert bilden (Bonitierung). Danach bringt Wrodow 1756 an saatbarem Acker einen Ertrag von umgerechnet 839 Scheffel, an Weide 187 Scheffel, an Gärten 12 Scheffel und an Wiesen 53 Fuder, wobei ein Fuder zu zwei Scheffel gerechnet wird. Ein Scheffel (gleich 4 Faß oder 16 Spint) fasst seinerzeit als Hohlmaß in Mecklenburg-Schwerin 38,9 Liter und in Mecklenburg-Strelitz 54,7 Liter. Für den großen Wrodower See und den kleineren Papensee werden keine Steuern festgesetzt, weil Pickatel die beiden Seen nicht verpachtet hat, sondern durch seine eigenen Leute befischen lässt. Die Hälfte der Wrodower Erträge bleibt steuerfrei - Pickatel wird mit einer Jahrescontribution von 17 Reichstalern und 8 Schillingen herangezogen.

In den folgenden Jahren bis 1763 muß Pickatel im Siebenjährigen Krieg aus den Gütern über die Landescontribution hinaus erhebliche Kriegabgaben leisten. Wrodow wird mit einem Gegenwert von insgesamt 2.851 Reichstalern belastet. Pickatel hängt offenbar sehr an Wrodow. 1764 verhandelt er mit Joseph Christian Heinrich von Maltzahn über eine Verlängerung der Pfandzeit um 2o Jahre. Dabei lässt er sich auf einen relativ ungünstigen Pfandschilling ein, um auf Wrodow bleiben zu können. Obwohl er selbst beim Erwerb des Gutes 16.350 Reichstaler gezahlt, an Maltzahn 1764 weitere 4.000 Reichstaler geleistet, für 6.430 Reichstaler gebaut und 2.851 Reichstaler Kriegsschäden erlitten hat, soll der im Jahre 1785 von Maltzahn für die Wiedereinlösung des Gutes zu zahlende Pfandschilling nur 22.000 Reichstaler betragen.

Im Winter 1779/80 stirbt Pickatel. Bis zum Ende der Pfandzeit 1785 bewirtschaften seine Tochter und der Schwiegersohn von Bredow die Güter Wrodow und Lapitz.

1785 bis 1793

Im Jahre 1785 taucht in Wrodow ein junger Mann auf. Der königlich-preußische Rittmeister Gottfried Daniel von Zieten verliebt sich in das bezaubernde Fleckchen Erde. Er ist entschlossen, das Gut nicht nur pfandweise zu erwerben, er will mehr: Das Lehneigentum. Da Maltzahn offenbar wieder einmal in größeren finanziellen Schwierigkeiten ist, er muß 1784 ein Darlehen von 150.000 Reichstalern aufnehmen, kann der junge Zieten Antoni 1785 Wrodow tatsächlich als Lehngut erwerben. Joseph von Maltzahn verkauft ihm das Gut für 22.050 Reichstaler. Zieten ist in der Lage, diese für einen jungen Mann enorme Summe hinzulegen, weil er von seinem Onkel, dem königlich-sardinischen General von Zieten als Universalerbe ein großes Vermögen erhalten hat. 1786 belehnt der Herzog Friedrich Franz den jungen Mann mit dem Gut Wrodow. Ein königlich-preußischer Rittmeister wird Vasall des Herzogs und damit Mecklenburgischer Ritter.

Aus unbekannten Gründen verkauft Zieten das Gut schon acht Jahre später an Carl Martin Greffrath. Über Zietens Beweggründe können wir nur spekulieren. Hat der junge Mann das Erbe verschleudert? Spielschulden vielleicht? Oder hat Greffrath nur ein sehr günstiges Angebot gemacht? War Landarbeit nicht Sache des jungen Rittmeisters? Ungewöhnlich ist jedenfalls, dass Zieten auf Wrodow bleibt. Mit einer Branntweinblase zieht er in ein Nebengebäude, wo er noch 18 Jahre später wohnt.

Der Wrodower Hof um 1920

1793 bis 1817

Johannis 1794 übernimmt der Pächter zu Briggow, Carl Martin Christian Greffrath, das Lehngut Wrodow für 36.000 Reichstaler. Schon kurz nach der Jahrhundertwende stirbt Greffraths Ehefrau Ida Friederica geb. Engel. Bei der Heirat hatte sie neben Kleidungsstücken und Hausratsgegenständen zwei Pferde, zwei Ochsen und zwei Kühe als Mitgift erhalten. Idas Vater rechnete ein Pferd mit 30 Reichstalern, einen Ochsen mit 20 Talern und eine Kuh mit 10 Talern an. Carl und Ida haben drei Söhne und zwei Töchter.

Einige Jahre nach Ida Tod heiratet Greffrath in schon fortgeschrittenem Alter seine junge Hauswirtschafterin Sophia Friederica Piel. Greffrath erlebt mit Sophia noch einmal so etwas wie ein spätes Glück - zur Welt kommt die kleine Henrica Dorothea. In Greffraths Testament von 1811 nimmt Henrica Dorothea eine völlig gleichberechtigte Stellung neben ihren fünf Halbgeschwistern ein. Jede Tochter erbt die gewaltige Summe von 7.000 Reichstalern. Zum Vergleich: Der Berliner Kammergerichtsrat E.T.A. Hoffmann bezieht im Jahre 1816 ein Jahresgehalt von 1.000 Reichstalern. Im Jahre 2002 erhält ein Richter am Kammergericht in Berlin jährlich rund 70.000 €. Bei allen Vorbehalten gegenüber einem solchen Vergleich wird man den Reichstaler von 1815 mit dem Faktor 70 multiplizieren können, um eine angemessene Relation zum Euro zu gewinnen.

Greffrath stirbt 1815. Seine Witwe zieht mit Henrica Dorothea in jenes Nebengebäude, das der Rittmeister von Zieten zuvor zwei Jahrzehnte lang bewohnt hatte. Madame Greffrath bewirtschaftet den Garten zwischen dem Torhause, das früher einmal dem Bauern Schoening gehört hatte, und dem Hühnerhause, von dem großen Wallnussbaum bis zum großen Stachelbeergang. Im Zuge der Umgestaltung der Hofanlage wird Ludwig Neumann das Nebengebäude 1866 abreißen lassen.

Greffraths Söhne losen vor der Großherzoglichen Commission zu Güstrow um Wrodow. DasLos fällt auf Friedrich Wilhelm Greffrath zu Krukow, der das Gut um die Jahreswende 1816/17 an den ehemaligen Gastwirt Johann Gottlieb Neumann verkauft.

1817 bis 1915

Als Johann Gottlieb Neumann 1817 das Lehngut Wrodow für 37.000 Reichstaler kauft, ist er um die 50 Jahre alt und längst kein Gastwirt mehr. Mit dem Besitz von Lapitz und Wrodow in seiner zupackenden Hand sowie einer Nachkommenschaft von sieben Erbstämmen trägt er schon die Züge eines Patriarchen. Widerspruch duldet er ebenso wenig wie schwächliche Männer in seiner Familie, für die er nur Verachtung übrig hat. So verwundert es nicht, dass er insbesondere seine Schwiegersöhne ausgesprochen herablassend behandelt. Der Steuereinnehmer und nachmalige Senator Saefkow zu Strelitz und Herr von Meiborn wissen ein Lied davon zu singen. Tochter Emilie wird Herrn von Meoborn gottlob später durch Scheidung in die Wüste schicken. Den Ehemann seiner Enkeltochter Friederike Goldschmidt, Leutnant a.D. Erhardt, wünscht Neumann ebenfalls zum Teufel.

Auch nach dem Kauf von Wrodow residiert Johann Gottlieb Neumann weiter in Lapitz. Tatkräftig und durchsetzungsfähig vermehrt er stetig seinen Reichtum. Neumanns zuweilen rücksichtslose Art bekommt die Witwe Greffrath auf Wrodow drastisch zu spüren. Eines Morgens im Mai 1821 läßt er ohne Vorankündigung die alte Stachelbeerhecke, die den Garten der Witwe Greffrath von dem herrschaftlichen Garten trennt, ausreißen und durch einen 14 bis 15 Fuß (4,20 bis 4,50 Meter) hohen Hackelwerkzaun ersetzen, der lage Schatten wirft und den Flug der Bienen unterbricht. Voller Empörung sucht Madame Greffrath Hilfe beim Pastor Wagner in Mölln und beim Schulmeister Schwarz in Pinnow. Beide unterstützen Sophie Greffrath bei einer Klage vor der Großherzoglichen Justiz Canzlei zu Güstrow.

Jahre später übergibt Johann Gottlieb Neumann seinem 1804 geborenen Sohn Ludwig das Gut Wrodow zur Pacht. Ludwig heiratet 1830 Anna Wilhelmine Dorothea Müller. Ein Jahr später erblickt Ludwig Neumann jun., der Einzelkind bleiben wird, das Licht der Welt.

1856 stirbt der greise Johann. Der bisherige Pächter Ludwig Neumann erbt Wrodow, während sein Bruder Johann Carl Gottlieb Neumann auf Gaedebehn mit dem Gut Lapitz belehnt wird. Schon vier Jahre nach dem Tod seines Vaters überträgt Ludwig Neumann senior im Jahre 1860 das ritterschaftliche Lehngut Wrodow seinem einzigen Sohn Ludwir Neumann junior. Im Alter von 32 Jahren heiratet Ludwig Neumann jun. Am 26. Januar 1864 die zwazigjährige Gutsbesitzertochter Luise Lübcke aus Friedrichshof bei Bützow. Louis und Louise, wie sie sich später nennen, schmieden große Pläne. Die lebenslustige Luise will mit ihrem Ludwig repräsentieren und auf Wrodow Walzer und Polka tanzen - Johann Strauss und der Wiener Walzer erobern Europa. Beide beschließen, einen schönen Festsaal mit Zinnen ringsherum zu bauen. Im Januar 1865 klappern die Störche - Antonie wird geboren. Während der Festsaal gebaut wird, nimmt Gevatter Hein Antonie wieder fort. Als Antonie stirbt, ist Luise bereits im zweiten Monat mit dem nächsten Kind schwanger. Am 7. April 1866 kommt Ludwig (Louis), der letzte überlebende Neumann seiner Linie, zur Welt, ein Jahr darauf Bruder Martin, der schon früh im Alter von 31 Jahren sterben wird. Ludwig und Luise arbeiten von Frühjahr bis Herbst auf Wrodow; die Winterzeit verbringen sie in ihrer Stadtvilla in der Wallstraße 1 in Neubrandenburg. Anfang der 90er Jahre zieht Ludwig sich im Alter von 60 Jahren als Rentier in die Villa Neumann nach Neubrandenburg zurück. Sein Sohn Louis bewirtschaftet nun Wrodow in eigener Verantwortung. Luise stirbt im März 1896 im Alter von 52 Jahren Ludwig überlebt seine Frau um 19 Jahre. In den letzten Jahren versorgt ihn liebevoll die Hausdame Martha Conrad. Am 21. August 1915 stirbt Ludwig Neumann im Alter von 84 Jahren in Neubrandenburg. In seinem Testament bedenkt er Frl. Conrad, die später nach Rostock zieht, mit einer lebenslänglichen Rente, die aus den Wrodower Erträgen aufzubringen ist. Sohn Louis hat Probleme mit dem Flachdach des Festsaals, durch das immer wieder Feuchtigkeit dringt. Er reißt die Zinnen ab und überdeckt das Flachdach mit einem gewölbten Blechdach.

Gäste um 1930

1915 bis 1945

Nach dem Tode seines Vaters wird im Kriegsjahr 1915 der damals 49jährige Louis Neumann mit Wrodow belehnt. Zu diesem Zeitpunkt bewirtschaftet er das Gut schon seit 25 Jahren. Louis Neumann ist ein Genussmensch und Schwerenöter von großer Leibesfülle. Seine große Leidenschaft gilt der Jagd, den Pferden und den Frauen. In erster Ehe ist Neumann mit einer Schauspielerin verheiratet. Als er seine Frau bei einem Techtelmechtel im Wald überrascht und zur Rede stellt, gibt es für die kein Halten mehr – sie packt die Koffer und entschwindet. Auch Neumanns zweite Frau hält es bei dem Streithahn nicht lange aus. Für die dritte Ehe greift Louis sich eine junge einfache Bauerstochter, die beim Pastor Unterricht nimmt, um sich ein wenig zu bilden. "Die wird mir wenigstens nicht davonlaufen", soll er leicht verächtlich geäußert haben - und er behält recht. Neumann geht keinem Streit aus dem Wege. Im Laufe der Jahre verkracht er sich mit allen Gutsbesitzern der Umgebung, einschließlich seiner Vettern in Lapitz. Mit Groß Helle prozessiert er wegen diverser Grenzstreitigkeiten und Aufräumarbeiten am Bach. Freunde und auch seinen Anwalt hat Neumann in Berlin, wo er sich oft aufhält. In seinen großen jährlichen Jagdgesellschaften sind immer viele Berliner. In den letzten Jahren verlässt Neumann bei der Jagd seinen Wagen oder Pferdeschlitten wegen seiner Leibesfülle und wegen eines Gehfehlers nicht mehr - er schießt aus dem Wagen oder Schlitten. Und bei einer Panne muß sein Chauffeur und Vertrauter Hans Ladendorf die mehr als zwei Zentner des Gutsbesitzers beim Reifenwechsel mit hochwuchten. "Doch ein schlechter Mensch ist Neumann nicht gewesen", erzählt Ladendorfs Tochter Ilse Krüger milde lächelnd.

Als Louis zwischen einer seiner Ehen einmal gut erholt von der Kur aus Karlsbad zurückkehrt, treibt er es mit einem polnischen Dienstmädchen, was die Kutscher grimassierend durch das Fenster im Erdgeschoß beobachten. Neumann greift zur Pistole und schießt durch das Fenster über die Köpfe der Kutscher hinweg - so pflegt er ungebetene Zuschauer zu vertreiben. Neumanns dritte Frau weiss natürlich, dass Louis an Weiberröcken hängt. Als sie eines Tages wieder einmal als Zimmer eines polnischen Dienstmädchens kontrolliert, entdeckt sie ein wertvolles Parfüm und feine Seife. "Herr Neumann mitgebracht aus Berlin", erklärt arglos das junge Mädchen. Noch am selben Tage muss sie ihr Bündel schnüren.

Gegen Ende seines Lebens lässt Neumann einen Findling aus der Wrodower Feldmark nach Neubrandenburg bringen; der einfach behauene Stein ziert später sein Grab.

Schon schwer leidend schließt der kinderlose Louis Neumann 1932 mit dem Landwirt Max Köller aus Mölln einen Kaufvertrag über das ritterschaftliche Lehngut Wrodow, obwohl er genau weiß, dass seine Lapitzer Vettern das Gut unbedingt selbst kaufen wollen. Mit diesem Schachzug will er seiner Verwandtschaft noch kurz vor seinem Tode eins auswischen. Allerdings geht die Sache schief, denn die Schildvettern verweigern die Zustimmung zum Kaufvertrag, so dass Max Köller nicht Eigentümer von Wrodow werden kann. Neumann stirbt im Januar 1933 im Gutsherrenhaus. Frau Neumann lebt noch bis Kriegende auf Wrodow.

1943 zieht ein Rostocker Gymnasium mit 80 Mädchen und den Lehrern in das Schloss, nachdem das Schulgebäude in Rostock bei einem Bombenangriff zerstört worden war. Der Schulbetrieb in Wrodow läuft noch bis in die ersten Monate des Jahres 1945.

Im März 1945 erlebt Wrodow den einzigen Luftangriff im Krieg. Soldaten der Wehrmacht, die einige Tage in Wrodow in Scheunen einquartiert waren, hatten bei ihrem Abzug ein Notstromaggregat zurückgelassen, das ein einzelner alliierter Aufklärungsflieger entdeckte und mit einer Maschinengewehrsalve belegte. Dabei geriet die Scheune unterhalb der Kapelle in Brand.

1945 bis 2002

In den letzten Kriegsjahren leben in Wrodow nur noch fünf mecklenburgische Familien. Die Schnitter polnischer Abstammung halten sich nur im Sommer als Saisonarbeiter im Dorf auf. Im Frühjahr 1946 werden die ersten Flüchtlingsfamilien aus Bessarabien im Schloss einquartiert. Nach und nach sammeln sich immer mehr bessarabische Familien in Wrodow. Diese Menschen mussten ihre Heimat schon 1940 auf Grund des Hitler-Stalin-Pakts verlassen und wurden dann vorwiegend in Polen angesiedelt, von wo sie im eisigen Winter 1944/45 ins Reichsgebiet flüchteten und sich in bestimmten Dörfern sammelten. Wrodow ist eins dieser Dörfer. Auch Familien aus der Bukowina kommen nach Wrodow. In den Jahren 1948/49 herrscht drangvolle Enge im kleinen Wrodow, wo damals bis zu 142 Menschen leben, davon allein 45 im Schloss. Zeitweise wohnen dort neun Personen in einem Raum.

Mit der Bodenreform 1946 sollten auf den 560 Hektar Acker, Wiesen und Wald in Wrodow 37 Siedlungsstellen zwischen 7 und 9,9 ha eingerichtet werden. Ab zehn Hektar gilt man als Großgrundbesitzer. Letztlich werden aber nur zwei Siedlungshäuser gebaut. Mit der Rückkehr der Schnitter nach Polen ziehen die ersten Flüchtlingsfamilien in die freiwerdenden Häuser. Später bauen die Wrodower auch nach und nach Stallungen zu Wohngebäuden um.

Im Juli 1953 wird in Wrodow die erste LPG gegründet, die aber schon nach einigen Monaten wieder aufgeben muss. In den fünfziger Jahren wandern viele Menschen aus dem Dorf ab. Die verbleibenden Wrodower werden überwiegend Mitglieder der Bauernpartei. "Die klassische Ausweichpartei", erzählt Ambros Wawrik schmunzelnd. Überhaupt sind die Wrodower damals eine verschworene Gemeinschaft. Natürlich gibt es hie und da Streit, aber nach außen hält das christlich geprägte Dorf stets zusammen.

Wenn Ambros Wawrik von der Zwangskollektivierung erzählt, sieht man plötzlich noch die Narben einer tiefen Wunde. "Die Genossen bearbeiteten uns sechs Wochen lang", berichtet der Gärtner aus Leidenschaft, "freiwilligen Zwang nennt man das". Im Juli 1958 unterschreiben die meisten Dorfbewohner. In einer zweiten Versammlung am 7. August 1958 im Saal des Schlosses werden die restlichen Wrodower bearbeitet. "Deine Milch bleibt stehen", drohen sie Ambros Wawrik unverhüllt. "Wir bleiben solange, bis du unterschreibst". Ambros Wawrik unterschreibt um ein Uhr nachts als Vorletzter, eine halbe Stunde später ist Walentina Schmieding soweit. Ihr Vieh müssen die bis dahin selbstständigen Bauern zu einem Schätzpreis weit unterhalb des Einkaufpreises in den LPG-Stall bringen. Wrodow ist das erste sozialistische Dorf im Kreis Altentreptow.

Nach dem Schock machen die Wrodower das Beste aus der Situation. Zum LPG-Vorsitzenden wird der parteilose Willi Stahlberg gewählt, Herbert Reinhardt wird als Brigadier für die Feld- und Viehwirtschaft verantwortlich. Beide Männer sind im Dorf anerkannt und akzeptiert. Der Lohn ist damals gering, die Frauen müssen sich mit einem Stundelohn von einer Mark begnügen, obwohl sie schwere körperliche Arbeit leisten. 1963 ändert sich das Klima. Mit der Vergrößerung der LPG, in der nun Mölln, Klein Helle, Wrodow und Buchholz zusammengefasst werden, setzt die SED einen Genossen aus Sachsen ein - traut man den Einheimischen nicht über den Weg? Doch Lebensmut und Lebensfreude der Dorfgemeinschaft bleiben ungebrochen. 1979 organisieren die Wrodower das erste Parkfest. Mehr Kultur auf das Dorf, heißt die Devise. Unter der Regie von Herbert Reinhardt, lange ehrenamtlicher Bürgermeister, entsteht u.a. eine kleine Bühne im Schlosspark. Schon nach kurzer Zeit entwickelt sich das jährliche Parkfest zu einem Magneten für die ganze Umgebung. Später sind Alma Skorzik und der Lehrer Klaus Schröder (jetzt Bürgermeister der Gemeinde Mölln) tatkräftige Organisatoren. Das Schlossgebäude ist allerdings weiter dem Verfall preisgegeben, obwohl viele Dorfbewohner daran mit ihren Erinnerungen hängen. Sie kämpfen lange um einen Zuschuss, damit wenigstens das Dach umgedeckt und der Ruin aufgehalten werden kann. Währenddessen bringen Herbert Reinhardt, Werner Kaschewski und Hugo Krüger schon mal ein neues Pappdach auf den Turm, und sie ziehen Balken in die oberen Trittebenen ein. 1987 kommt endlich der Zuschuss für das Ziegeldach. Herbert Reinhardt deckt das Dach zusammen mit drei Arbeitern aus Neubrandenburg um. An vielen Tagen sieht man ihn noch abends um zehn auf dem Schlossdach. Er hat das kleine Türmchen am Festsaal im Blick und denkt daran, mit welcher waghalsigen Aktion einst Werner Kartzewski das Storchennest darauf befestigt hat.

Mit der politischen Wende und der Vereinigung Deutschlands eröffnet sich so manche Perspektive, aber mit der LPG verschwinden auch die Arbeitsplätze. Für die Männer und Frauen im erwerbsfähigen Alter ist das Leben unsicherer geworden. Dennoch haben fast alle Wrodower ihre Häuser von der Treuhand gekauft oder neu gebaut.

Der Zugereiste spürt die Freundlichkeit, ja Herzlichkeit der Menschen in Wrodow. Zwei Jahre lang versucht die Gemeinde vergeblich, das verfallende Schlossgebäude zu verkaufen und so manche Hoffnung zerschlägt sich. Am 17. Juni 1993 erwerben der Jugendrichter Frank Bauer, die Religionslehrerin Brigitte Gross und der Künstler Sylvester Antony die Schlossruine und den kleinen Park, um hier die "Biosoziale Skulptur" nach den Ideen von Joseph Beuys zu entwickeln. In einem lebendigen Kunstprozess über viele Jahre sanieren und restaurieren sie zusammen mit Freunden und Dorfbewohnern das Schloss und Teile der Gutsanlage. Parallel dazu veranstalten sie mit dem gemeinnützigen Kunstverein Schloss Wrodow zahlreiche Ausstellungen, Konzerte, Kunstfeste, Installationen, Lesungen, Theateraufführungen u.a.m. Höhepunkte sind die großen Bälle, die mit ihrer Mischung aus Kunst und schwingender Emotion ein einzigartiges Flair haben. Das Kunstschloss ist Kristallisationspunkt und offen für kreative und innovative Menschen. Herzlich willkommen.

 

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